Bunica, die Grossmutter

„Wir müssen auf die Gegenwart und die Zukunft zählen. Wenn wir keine Zukunftsperspektive hätten, wozu sollten wir dann überhaupt noch denken, arbeiten oder hoffen?“
(Ana Ionescu, April 2002)

Ana Ionescu und ihre Lebensgeschichte sind der zentrale Leitfaden des Films. Von König Carol bis zum Diktator Ceaucescu hat sie die politischen und sozialen Umbrüche Rumäniens im 20. Jahrhundert miterlebt.

Bunica als junges Mädchen

Geboren 1915 als „höhere Tochter“ aus altem Adel, wächst sie im blühenden Bukarest der 20er Jahre auf, damals Paris des Ostens genannt. Ihr Vater ist Vize-Bürgermeister von Bukarest. Ana Ionescu-Aslan wächst behütet auf und wird auf ein Leben als Salondame und Ehefrau vorbereitet.

1935 entscheidet sie sich gegen eine Liebesheirat, geht eine arrangierte Ehe ein und folgt ihrem Mann
nach Rom unter Mussolini. Zurück in Bukarest erlebt
sie die faschistische Diktatur. Gegen Geld schützt die
Familie Juden vor der Verfolgung.

Bunica mit ihrem Sohn

Nach der kommunistischen Machtübernahme wird ihr Mann zwei Jahre lang in einem Arbeitslager festgehalten. In dieser Zeit erhält sie die Familie durch Schwarzhandel. Was nicht vom Staat enteignet wird, fällt später der Spielsucht des Ehemannes zum Opfer.

Kurz darauf erzwingt ihr Mann die Scheidung. Ab jetzt schlägt sie sich als Alleinerzieherin durch. Wegen seiner aristokratischen Herkunft darf der Sohn nicht
an der Universität studieren. Ana Ionescu legt sich
eine gefälschte Arbeiterbiographie zu und findet so
Arbeit als Busschaffnerin und später als Angestellte
in einem Holzdepot. Der Sohn wird zum Studium
zugelassen.

Bunica in der Küche

1969 muss sie sich von ihrem Sohn trennen, ihm gelingt die Flucht nach Österreich.
Im Alter von 62 Jahren heiratet sie noch einmal. Der zweite Ehemann stirbt einige Jahre später. Bis heute lebt sie, umgeben von Erinnerungsstücken, in seiner Wohnung – in einer imposanten Kulisse voller Statuen, die seit den 30er Jahren kaum verändert wurde. Hinter den verspiegelten Türen verbergen sich eine winzige Küche und ein reparaturanfälliges Badezimmer.

Bunica liegt vor der Spiegelwand

Ana Ionescu-Aslan macht täglich Taj Chi, verfolgt die aktuelle Tagespolitik, kämpft um ihre alten Besitztümer und macht als 89jährige noch immer Geschäfte an der Börse.

Eigentlich wollte sie immer Schauspielerin werden. Jetzt ist Ana Ionescu Bunica, die Großmutter.